Nur rund 25 Prozent aller Veränderungsprojekte werden erfolgreich abgeschlossen. Das kostet Unternehmen Motivation und viel Geld. Eine tragende Säule spielt dabei die Kommunikation. Aus diesem Grund hat Lea Wernersbach, Executive Assistant Strategy and Group Control bei der A.B.S., Ilka Stiegler, Geschäftsführerin der Kommunikationsagentur ABG Marketing GmbH, zum Gespräch eingeladen und gefragt, was eigentlich so wichtig ist, damit Change Communication in mittelständischen Unternehmen gelingt.
Lea Wernersbach: Frau Stiegler, können Sie uns einige Beispiele aus der Praxis nennen, bei denen Sie Unternehmen in der Change Communication begleitet haben?
Ilka Stiegler: Da gibt es viele. Das Unternehmertum ist ja von stetigem Wandel geprägt – Ob M&A-Transaktionen, Restrukturierungen, Sanierungen, Führungswechsel oder die Einführung einer neuen Prozessstruktur. Schlagworte wie Klimaschutz, Digitalisierung oder Automatisierung sind in aller Munde und haben Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit. Neben der strategischen Planung, strukturellen Umsetzung und Finanzierung von Veränderungsprozessen spielt die begleitende Kommunikation bei diesen Themen immer eine maßgebliche Rolle. Denn jede Neuerung hat direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Belegschaft – oftmals sogar auf Lieferanten, Kunden und Geschäftspartner.
Lea Wernersbach: Bei Change Communication geht es oft nicht nur darum, die eigenen Mitarbeiter und Kollegen detailliert und transparent zu informieren. Auch die externen Stakeholder möchten über Neuerungen benachrichtigt werden. Wo liegen hier die Herausforderungen?
Ilka Stiegler: In der Praxis hakt es oft bei beidem: Mitarbeiter werden manchmal vor vollendete Tatsachen gestellt und sollen Veränderungen kommentarlos verstehen und akzeptieren; externe Stakeholder wie beispielsweise Kunden oder Lieferanten werden teilweise ganz vergessen. Dabei können plötzliche Veränderungen sowohl beim Personal als auch bei Geschäftspartnern unterschiedliche Reaktionen auslösen – von Skepsis über Angst bis hin zu Begeisterung ist alles möglich. Insbesondere das Aufbrechen gewohnter Routine-Abläufe stellt so manchen Mitarbeiter vor große Herausforderungen.
Lea Wernersbach: Was kann man tun, damit keine Gerüchte oder Fehlinformationen in Umlauf kommen?
Ilka Stiegler: Wenn die Gerüchte hochkochen – und das tun sie meistens, wenn klare Informationen fehlen – kann das ernste Verluste für das Unternehmen bedeuten. Der wirtschaftliche Schaden, den unaufgeklärte und dadurch unzufriedene Mitarbeiter verursachen, wird unterschätzt. Man denke zum Beispiel an die vertane Arbeitszeit in der Kaffeeküche, weil Kollegen über die kursierenden Spekulationen „tratschen“ möchten. Oder womöglich lehnen Schlüsselpersonen im Unternehmen die kostspielig neu eingeführten Prozesse ab, weil sie nicht rechtzeitig ins Boot geholt wurden. Motivation und Loyalität der Mitarbeiter können rapide sinken, sogar Kündigungen sind denkbar. Externe Partner, die nicht ausreichend informiert sind, könnten aus Unsicherheit das Geschäftsverhältnis aufkündigen.
Lea Wernersbach: Das sind gute Punkte, die man definitiv im Hinterkopf haben sollte. Information und Kommunikation sind ja nicht gleichbedeutend. Bei der Information geht es meist um formale und rationale Inhalte wie Fakten und Kennziffern. Die Kommunikation hingehen bietet einen emotionalen Reiz und transportiert die zuvor genannten Inhalte. Da der Mensch kein rein rational handelndes Wesen ist, sondern ebenso auf Basis von Empfindungen, Erfahrungen und Intuition handelt, kommt es nach meiner Erfahrung umso mehr darauf an, wie eine Information oder Botschaft transportiert wird.
Lea Wernersbach: Welchen Tipp würden Sie mir ganz konkrekt mit auf den Weg geben wollen?
Ilka Stiegler: Damit Change-Prozesse zum gewünschten Erfolg führen, sollten sie immer von einer strategisch klugen, empathischen und transparenten internen sowie externen Kommunikation begleitet werden. Konkret heißt das: Man muss über den „Change“ reden – und zwar so, dass es alle Beteiligten verstehen und nachvollziehen können. Dabei sollte die gesamte Bandbreite der im Unternehmen zur Verfügung stehenden Kommunikationsinstrumente genutzt werden, z. B. Mitarbeiterversammlung, Workshop, Mitarbeiterzeitung, Newsletter, Event oder Ausstellung. Ängste und Bedenken sollten in den Botschaften berücksichtigt und entkräftet werden. Wichtige Multiplikatoren im Unternehmen können als Botschafter unterstützen – dazu zählen nicht zwangsweise nur die Führungskräfte, sondern z. B. auch beliebte Mitarbeiter, die einen guten Draht zur Belegschaft haben.
Lea Wernersbach: Vielen Dank, Frau Stiegler, für diese inspirierenden Ansatzpunkte.
Ilka Stiegler ist Geschäftsführerin der Kommunikationsagentur ABG Marketing GmbH. Das Dienstleistungsportfolio umfasst u. a. Strategie & Konzeption, Markenentwicklung und -führung, Public Relations, Social-Media-Marketing sowie Change- und Krisenkommunikation. Die ABG Marketing ist seit 2014 Mitglied des Beratungsverbunds ABG-Partner. Dies ist ein 1991 gegründeter Verbund aus selbstständigen Gesellschaften der Steuerberatung, Rechtsberatung, Consulting, Wirtschaftsprüfung und Marketing mit Standorten in München, Bayreuth, Böblingen und Dresden.