Die zunehmend schwierigere Situation vieler Unternehmen hat den Bundesverband Deutscher Unternehmensberatungen (BDU) dazu veranlasst, die Grundsätze ordnungsgemäßer Planung (GoP) im April 2022 zu überarbeiten. Die GoP-Neuauflage berücksichtigt die neuen gesetzlichen Vorgaben bei der Unternehmensplanung.
Um zu erfahren, welche Handlungsempfehlungen Unternehmen ergreifen können, hat sich Helmut Karrer, Vorstand bei A.B.S. Global Factoring, mit Ralf Presber von der PERICON Unternehmensberatung getroffen. Lesen Sie hier, welche Tipps der erfahrene Experte für Sie bereithält.
Helmut Karrer: Grundsätze ordnungsgemäßer Planung (GoP), das ist natürlich für jedes Unternehmen das A und O bei der Unternehmenssteuerung. Welche Neuerungen wurden bei der Überarbeitung der GoP aufgenommen?
Ralf Presber: In die Grundsätze ordnungsgemäßer Planung (GoP) wurden nun auch Handlungsempfehlungen für den Einsatz von massenbasierenden Methoden, wie `Predictive Planning & Forecasting` oder auf Künstlicher Intelligenz basierende IT-Systeme aufgenommen, um Planungsgrundlagen bzw. -daten zu erhalten. Deren Arbeitsweise sind verständlich zu beschreiben und der Unternehmensplanung beizufügen. Weiterhin sind nun auch stärker die Anforderungen an eine nachhaltige Unternehmensentwicklung einbezogen worden. Nachhaltigkeitsrisiken müssen im Rahmen der Planung erfasst und insbesondere die durch volkswirtschaftliche Risiken drohenden Wirtschaftskrisen und ihre Auswirkungen für das Unternehmen benannt werden. Und: Das Kapitel Kennzahlen wurde erweitert, um speziell kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) einen Anreiz zu verschaffen, um ein eigenes Kennzahlensystem einzuführen.
Helmut Karrer: Aus der Praxis gesprochen: Was wird bei der GoP am meisten unterschätzt?
Ralf Presber: Viele Unternehmer unterschätzen die Bedeutung von Planung, nicht nur für das eigene Unternehmen sondern auch in der Kommunikation mit Kapitalgebern und Anteilseignern, dabei sind die Grundsätze ordnungsgemäßer Planung ein Grundpfeiler der vertrauensvollen Kommunikation mit der Kapitalseite.
Basierend auf den gesetzlichen Grundlagen und Grundsätzen sollte eine integrierte Unternehmensplanung eine interne und externe Analyse vorangehen. Die hierbei gewonnen Erkenntnissen lassen sich in einer SWOT Analyse zusammenfassen. Sie bildet damit auch die Basis für die Ziel- und Strategiedefinition. Ihr folgt die strategische Planung;
Helmut Karrer: Werden wir konkret: Was muss die Planung alles umfassen und welche Tipps können Sie den Unternehmen dazu geben?
Ralf Presber: Mit der Beantwortung der zuvor gestellten Fragen können ggf. Szenarien entwickelt werden, die unterschiedliche Strategien abbilden und damit der Unternehmensleitung eine Entscheidungsvorlage mit Handlungsalternativen aufzeigen. Durch eine integrierte Planung – d.h. Erfolgs-, Finanz- und Bilanzplanung sind in sich verknüpft – können beispielsweise unterschiedliche Liquiditätsentwicklungen aufgezeigt werden. Mit Hilfe einer Ratingsimulation wird bestimmt, wie wahrscheinlich eine Finanzierung durch Kreditinstitute ist.
Der Dokumentation der operativen Planung kommt große Bedeutung zu, da die Unternehmensleitung, aber auch die Eigen- und Fremdkapitalgeber, diese nachvollziehen und beurteilen müssen. Je glaubwürdiger die Planungen sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die richtigen Entscheidungen getroffen und die Finanzierungspartner das Vorhaben begleiten werden.
Die Klassifizierung und Bewertung der unternehmensspezifischen Risiken bzw. die Implementierung eines Risikomanagementsystems zur Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement ist ohne eine integrierte Planung mit Sicht auf die Bilanz-, Finanz- und Erfolgsentwicklung eines Unternehmens nicht möglich. Die Unternehmensplanung wird erst dadurch zu einem integrativen Bestandteil des unternehmensinternen Risikomanagementsystems, wenn die Unternehmensplanung durch Soll-Ist-Vergleiche und regelmäßige Forecasts flankiert wird. Es ist Auffassung des BDU, dass erst dann die gesetzlichen Pflichten zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement gemäß § 1 StaRUG erfüllt werden können.
Dafür sind verschiedene Kennzahlen der Früh- und Spätindikatoren am besten geeignet. Zusammengefasst zu Kennzahlsystemen und an die Gegebenheiten des Unternehmens angepasst, sind diese darauf ausgerichtet, erste Anzeichen einer Unternehmenskrise frühzeitig zu erkennen. Somit kann die Geschäftsleitung rechtzeitig geeignete Maßnahmen zur Krisenprävention ergreifen und Illiquidität oder Insolvenz verhindern.
Auch eine Differenzierung nach unternehmens-, geschäftseinheits-, oder abteilungsbezogene Kennzahlen kann zielgerichtet sein. Die Kennzahlen können neben den internen um branchenspezifische Kennzahlen ergänzt werden.
Das Förderprogramm „Gestärkt durch die Krise“ subventioniert KMUs in der Einführung von Kennzahlensysteme zur Krisenprävention mit 80%.
Soll-Ist-Vergleiche sind grundsätzlich auf die Erfordernisse des Unternehmens und der Empfänger abzustimmen. Wesentliche Abweichungen sind zu analysieren und die Auswirkungen auf das Unternehmen zu identifizieren.
Entsprechende Maßnahmen sind abzuleiten. Bei den Vergleichen ist regelmäßig die Erreichbarkeit des ursprünglichen Planes zu überprüfen und bei Abweichungen sind Maßnahmen zur Planerfüllung zu entwickeln bzw. abzuleiten. Zu prüfen ist jeweils, ob eingetretene Abweichungen auf bereits identifizierte Risiken zurückgeführt werden können. Sollte dies nicht der Fall sein und ist im Rahmen der Soll-Ist-Vergleiche ein neues Risiko identifiziert worden, so ist dieses ggf. nunmehr kontinuierlich zu überwachen und im Rahmen der Überarbeitung der Planung zu berücksichtigen.
Bei der revolvierenden Planung werden die Planwerte durch die aktuellen Ist-Werte überschrieben. Außerdem werden alle neuen Erkenntnisse in der Planung berücksichtigt, wodurch eine neue Hochrechnung (Forecast) für das lfd. Geschäftsjahr entsteht. Die revolvierende Planung (Forecast) steht neben der ursprünglichen Planung.
Die Pericon Unternehmensberatung ist Mitglied im Bundesverband Deutscher Unternehmensberateungen (BDU). Ralf Presber ist Certified Management Consultant (CMC) nach BDU. Er ist im Vorstand des Fachverbandes Unternehmensführung + Marketing und leitet den 2003 gegründeten Arbeitskreis GoP. Dieser veröffentlichte im Jahr 2003 erstmalig die GoP, modifizierte diese im Jahr 2009 und stellte im April 2022 die dritte Version der Grundsätze ordnungsgemäßer Planung vor.