Big Data, Artificial Intelligence (AI) und Internet of Things (IoT) gehören zu den wichtigsten IT-Trends 2019, die natürlich auch den deutschen Mittelstand erfasst haben. Wo liegen Chancen, welche Herausforderungen gilt es zu beachten?
Der Begriff Big Data stammt aus dem Englischen und bedeutet in erster Linie eine sehr große, exponentiell wachsende Menge an Daten, die zu groß ist, um sie mit herkömmlichen Methoden der Datenverarbeitung verarbeiten zu können. Quellen dieser Daten sind unter anderem die sozialen Medien, der Mobilfunk, die Finanzindustrie, das Gesundheitswesen oder die Energiewirtschaft. Weitere Charakteristika für Big Data sind die Erhebung der Daten in Echtzeit, die vielfältigen Datentypen und -quellen sowie die enorme Geschwindigkeit, mit der sie entstehen.
Daten sind der Rohstoff für die digitale Transformation und diese wiederum der Wachstumsenabler der Zukunft. Die heutzutage wertvollsten Unternehmen Google, Amazon, Microsoft, Apple, Facebook sind solche, deren Rohstoffe nicht mehr Öl oder Gas sind, sondern Daten.
Bekannte Anwendungen sind die digitalen Alltagsassistenten wie Chatbots oder Amazon Alexa, die eine menschliche Beratung ersetzen. Auch im Bereich der Cybersecurity, der Medizin oder bei der Optimierung von Geschäftsprozessen kommen auf Daten basierende, digitale Produkte zur Anwendung. Besonders faszinierend ist die Entwicklung hin zur künstlichen Intelligenz – also die Fähigkeit, eigenständig dazu zu lernen.
Die produzierten Datenmengen steigen weltweit dramatisch an. Während 2016 weltweit 16,1 Zettabyte (1 Zettabyte entspricht ~1021 Bytes) Daten generiert wurden, wird für das Jahr 2025 gemäß einer Statista-Umfrage eine Datenmenge von 163 Zettabyte prognostiziert (1).
Die Tech-Giganten nutzen diese Daten für Ihre Geschäftsmodelle. So sammelt alleine Google pro Tag etwa 2 Petabyte an Daten von seinen Nutzern und pro Stunde verarbeitet Facebook über zehn Millionen neue Fotos, die von Nutzern hochgeladen werden. Durch die Analyse dieser Daten können Strukturen erfasst werden, die bisher nicht sichtbar waren und die unser Lebensumfeld verändern. Der Umgang mit Big Data ist daher auch zu einem kritischen Faktor in mittelständischen Unternehmen geworden.
Mit dem Begriff Big Data Analytics werden Verfahren bezeichnet, mit deren Hilfe auch Unternehmen die unstrukturierten Daten auswerten und nutzen können. Inzwischen steht der Begriff Big Data nicht nur für diese moderne, digitale Technologie, sondern auch stellvertretend für eine gänzlich neue Epoche digitaler Kommunikation durch eine technologiebasierte Veränderung. Darüber hinaus wird sogar sozialwissenschaftlich von einem grundsätzlichen gesellschaftlichen Wandel durch Big Data Analysen gesprochen, der die Lebensweisen der Menschen tiefgreifend in kürzester Zeit verändert hat und in der Zukunft noch wesentlich verändern wird.
Die individuelle und intelligente Auswertung von digitalen Daten eröffnet Unternehmen in allen Branchen und Geschäftsbereichen die Möglichkeit, Wettbewerbsvorteile zu generieren. Denn diese Daten sind die Grundlage für neue, disruptive Geschäftsmodelle, die herkömmliche Geschäftsfelder verschwinden lassen und viele Branchen revolutionieren werden.
Während Global Player Datenanalysen bereits gezielt zur Produktions- und Ressourcenplanung, zur Absatzoptimierung oder zur Erstellung detaillierter Kundenprofile einsetzen, sind für die meisten mittelständischen Unternehmen datengetriebene Prozessoptimierung und Geschäftsmodellierung noch Neuland.
Fragt man die Entscheider, so halten zwar mehr als zwei Drittel den Einsatz von Big Data für zentral wichtig (2) und sehen die Tech-Riesen als wichtige Impulsgeber an. Die Auswirkungen dieser Entwicklungen fürchten sie jedoch zugleich. So tragen Datenschutzbestimmungen, Fachkräftemangel und die Führungskultur dazu bei, dass die Möglichkeiten digitaler Werkzeuge hierzulande noch recht zaghaft eingesetzt werden.
Die Chancen, die sich aus gezielten und intelligenten Datenanalysen ergeben, sind gewaltig. Unternehmen können durch die ihnen zur Verfügung stehenden riesigen Datenmengen Einblicke in das Kaufverhalten, die Preisbereitschaft, die Interessen und die Risikobereitschaft ihrer (potenziellen) Kunden gewinnen.
Laut einer Studie, die von der Commerzbank (3) zum Thema Big Data beauftragt wurde, sammeln zwar 18% der befragten Unternehmen überdurchschnittlich viele Daten, aber nur 8% werten die Daten gezielt aus und ziehen einen konkreten Nutzen daraus.
Durch eine intelligente Datenauswertung mittels Big Data Analytics könnten Unternehmen das Potenzial, das in ihren Daten steckt, in realen wirtschaftlichen Wert umsetzen. Im besten Fall ließen sich daraus sogar neue Geschäftsmodelle entwickeln. Die Wirtschaftlichkeit der Produktion wäre steigerbar, Prozesse könnten effizienter und agiler ablaufen und insbesondere im Bereich Marketing & Vertrieb sowie bei der Kundenzufriedenheit ließen sich signifikante Wertsteigerungen erzielen.
Als Hauptursache für das Scheitern einer gezielten Datenauswertung und -nutzung in der Unternehmenspraxis sind zwei Punkte zu nennen:
Die Bereitschaft, sich Spezialisten ins Haus zu holen und eine Unternehmenskultur, die sowohl den Führungskräften als auch den Mitarbeitern die Freiheit zum Umdenken gibt, sollten vorhanden sein.
Zudem ist ein professionelles Innovations- bzw. Change Management wichtig, damit Abläufe und Strukturen verändert und akzeptiert werden können.
Darüber hinaus schafft das systematische Sammeln und Auswerten von Daten Risiken. So können Hackerangriffe und Datenmanipulationen zu massiven Schäden führen. Auch Fehlinterpretationen erhobener Daten, die das Bauchgefühl von früher ersetzen, können zur Bedrohung werden.
Die größte Herausforderung stellt jedoch die Einhaltung aller gesetzlicher Vorgaben und Vorschriften dar. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Daten sowie Datenschutz- und Datensicherheitsmaßnahmen sind daher elementar und sollten die Grundlage jeder Big Data Analyse sein.
Damit mittelständische Unternehmen von den Chancen der Zukunftstrends profitieren und nicht an den Risiken scheitern müssen, gibt Bernd Hauser, Head of Innovation der A.B.S. Global Factoring AG, die seit vielen Jahren erfolgreich mittelständische Unternehmen auf ihrem Wachstumsweg begleitet, folgenden Rat an die Hand:
„Big Data ist ein sehr abstrakter Begriff, der gerne dazu verleitet, extrem komplexe Konzepte zu entwerfen. Diese führen dann zu teuren Projekten, die irgendwann wieder abgebrochen werden, und das Thema wird vertagt. Dabei bedeutet Big Data im ersten Schritt nur mal rauszufinden, welche Daten überhaupt im Unternehmen erfasst werden. Im Rahmen der DSGVO haben Sie sich vermutlich schon ausführlich mit dem Thema auseinandergesetzt. Jetzt ziehen Sie endlich einen direkten positiven Nutzen daraus. Im zweiten Schritt geht es darum, diese Daten innerhalb Ihres Unternehmens verfügbar zu machen. Was hilft es, wenn alle Informationen wild verteilt auf Laufwerken, in Datenbanken oder sogar in E-Mails sind? Die erhobenen Informationen müssen also in einer Datenbank zusammengeführt und vor allen Dingen in eine einheitliche Struktur gebracht werden. Erst jetzt ist eine Auswertung der Daten zur Erkennung von Mustern möglich. Eins ist auf jeden Fall garantiert: Wenn Sie anfangen, Ihre Daten zu durchforsten und zu sortieren, werden Ihnen jede Menge Ideen zur Anwendung einfallen. Ideen, die mehr Klarheit in Ihr Unternehmen bringen und Ideen, die es Ihnen ermöglichen, Ihren Kunden einen besseren Dienst zu erweisen. Also, auch wenn Sie Big Data in ganz kleinem Rahmen anfangen wollen, es lohnt sich!“
Bernd Hauser
Head of Innovation der A.B.S. Global Factoring AG
Das Inkrafttreten der DSGVO im Mai letzten Jahres setzte für die Erhebung und Analyse von Daten in der EU einen neuen rechtlichen Rahmen. Es wird jedoch vermutet, dass es im Zuge der Globalisierung auch weltweite Lösungen geben muss. Der deutsche Mittelstand befindet sich aktuell in einer Phase des Umbruchs. Daher sollten Gesellschaft, Wirtschaft und nicht zuletzt die Politik die Entwicklung genauestens beobachten und zwischen den Chancen und Risiken von Big Data vernünftig abwägen, damit auch deutsche Mittelständler ihre starke Position im Weltmarkt sichern und weiter ausbauen können.
(1) Statista, 2018. Prognose zum Volumen der jährlich generierten digitalen Datenmenge weltweit in den Jahren 2016 und 2025 (in Zettabyte)
(2) Unternehmer Perspektiven, 2018
(3) Neue Commerzbank-Mittelstandsstudie: Mittelstand lässt Potenziale von Big Data liegen