Werden die frei verfügbaren finanziellen Mittel zu knapp, um ausstehende Verbindlichkeiten wie zum Beispiel die Gehälter der Angestellten sowie Mieten, Nebenkosten oder offene Rechnungen fristgerecht und uneingeschränkt zu begleichen, droht Ihrem Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit. Dies kann in der Folge zu einer dauerhaften Verschuldung und schließlich zur Insolvenz führen.
Die Sicherung der Liquidität setzt eine kurz-, mittel- und langfristige Liquiditätsplanung voraus. Sie dient dem Ziel, die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens sicherzustellen. Dazu werden Kenndaten wie der Cash-Flow aus den Bereichen operatives Geschäft, Investition und Finanzierung herangezogen.
Das Unternehmen ist gut aufgestellt, die Leistung stößt auf Nachfrage, die Umsätze steigen … soweit alles bestens! Dennoch ist in der Praxis bei vielen Mittelständlern die freie Liquidität auch im Wachstum Mangelware. Wie kann das sein? Bezahlen so viele Kunden ihre Rechnungen nicht?
Für Thorsten Klindworth, den Vorstandsvorsitzenden der A.B.S. Global Factoring AG und Vorstandmitglied im Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen, BGA e.V., ist das relativ einfach zu erklären: „Die Abnehmer bezahlen in der Regel ihre Rechnungen schon. Doch viele Rechnungsempfänger lassen sich damit einfach ziemlich lange Zeit – gerne bis zum letzten Tag des vereinbarten Zahlungsziels und manchmal sogar darüber hinaus. Wer im Gegenzug seine Eingangsrechnungen früher zahlen muss und sich nicht erlauben kann oder möchte, seine eigenen Zahlungen ebenfalls hinauszuzögern, der kann ganz schnell in einen Liquiditätsengpass geraten.“
Beschäftigt man sich mit der Liquidität seines Unternehmens, stellt sich unweigerlich die Frage: Was wäre denn das Optimum?
„Das Optimum hängt vom jeweiligen Geschäftsmodell ab. Hier ist der Unternehmer gefragt, die richtige Balance zu finden“, antwortet Finanzexperte Thorsten Klindworth, „denn hier gibt es einen Zielkonflikt zwischen Liquidität und Rentabilität. Natürlich muss die Liquidität ausreichen, um alle fälligen Verbindlichkeiten zu decken. Etwas Puffer an Liquiditätsreserven für unvorhergesehene Investitionen oder Zahlungsausfälle auf Kundenseite ist ebenfalls anzuraten. Zu viel ungenutzte Liquidität ist aber auch nicht gut, denn dann verschenkt man Zinsen und setzt das Geld dem Wertverfall durch Inflation aus. Dies führt zu Rentabilitätseinbußen.“
Es gibt einige Faustformeln, um die Liquidität eines Unternehmens genauer zu bewerten. Dazu muss man zunächst den Begriff „liquide Mittel“ definieren. Laut Handelsgesetzbuch sind das jene „flüssigen“ Vermögenswerte eines Unternehmens, welche umgehend zum Begleichen von Verbindlichkeiten zur Verfügung stehen, also der Kassenbestand, das Bundesbankguthaben, diskontfähige Wechsel, das Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks. Gemäß dem Grad ihrer Umwandlungsfähigkeit in Bargeld unterscheidet man liquide Mittel ersten, zweiten und dritten Grades.
Sie bezeichnet das Verhältnis von flüssigen Mitteln zu kurzfristigen (bis zu 1 Jahr) Verbindlichkeiten inklusive Steuerrückstellungen und sonstigen Rückstellungen
Liquidität 1. Grades = (liquide Mittel : kurzfristige Verbindlichkeiten) x 100%
Ergibt sich ein Wert von über 100%, können alle kurzfristigen Verbindlichkeiten aus liquiden Mitteln bedient werden; man spricht von positiver Liquidität. Da in der Praxis aber auch Forderungen zur Deckung kurzfristiger Verbindlichkeiten eingesetzt werden können, liegt ein sinnvoller Durchschnittswert bei 10% bis 30%.
Bei dieser Kennziffer werden die flüssigen Mittel um die kurzfristigen Forderungen erweitert. Hintergrund dazu ist, dass nicht alle kurzfristigen Verpflichtungen sofort fällig sind, sondern bis zu 1 Jahr Laufzeit haben können. Kurzfristige Forderungen mit weniger als 1 Jahr Zahlungsziel können daher addiert werden, um zu überprüfen, inwieweit die Forderungen und flüssigen Mittel die kurzfristigen Verbindlichkeiten decken. Die Liquidität 2. Ordnung ist daher aussagekräftiger für die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens und sollte im Idealfall zwischen 100% und 120% liegen. Ein Wert unter 100% deutet auf zu hohen Lagerbestand oder mangelnden Absatz hin.
Man sollte diese Kennzahl jedoch immer zeitbezogen bewerten, denn sie ist auf einen Stichtag bezogen und bildet nicht ab, welche Geldflüsse durch später datierte Forderungen oder Zahlungsverpflichtungen erwachsen.
Liquidität 2. Grades = [(liquide Mittel + kurzfristige Forderungen) : kurzfristige Verbindlichkeiten] x 100%
Der 3. Grad wird bestimmt, indem zu den flüssigen Mitteln und den kurzfristigen Forderungen noch die Bilanzposition „Vorräte“ addiert und mit den kurzfristigen Verbindlichkeiten ins Verhältnis gesetzt wird. Er ordnet somit den liquiden Mitteln auch noch den zu verkaufenden Warenbestand zu und gibt so Auskunft über die langfristige Zahlungsfähigkeit. Wünschenswert wäre ein Ergebnis von etwa 200%. Kleinere Werte deuten auf Absatz- oder Preisprobleme hin, während höhere Werte ein Hinweis auf zu hohen Lagerbestand sind, der Kapital bindet.
Liquidität 3. Grades = [(liquide Mittel + kurzfristige Forderungen + Vorräte) : kurzfristige Verbindlichkeiten] x 100%
Ist die Liquidität zu schwach, hat das negative Auswirkungen auf das Unternehmen: die Kreditlinie wird überzogen, Skontomöglichkeiten können nicht ausgeschöpft werden, die Umsatzsteuer wird nicht abgeführt und Gehälter können nicht mehr pünktlich gezahlt werden.
Doch es gibt auch einige pragmatische Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken und die Liquidität zu erhöhen:
Eigene Rechnungen sollten auf Rechtssicherheit und Rechtskonformität geprüft und zeitnah mit der Lieferung der Leistung gestellt werden. Es empfiehlt sich zudem, die Bonität der Abnehmer zu überwachen und überfällige Rechnungen stringent zu mahnen. Im Ernstfall sollten diese Rechnungen durch Inkasso oder gerichtliche Beitreibung verfolgt werden.
Da in Ihrem Lagerbestand Werte wie Rohstoffe, Arbeitsleistung oder Produktionsnebenkosten stecken, sollten Sie den Umfang Ihrer Lagerhaltung überdenken.
Mit einer qualifizierten Liquiditätsplanung, der Disposition liquider Mittel, der Gestaltung der Zahlungsströme sowie einem Währungsrisikomanagement können Liquiditätsengpässe vorhergesehen und auch verhindert werden. Darüber hinaus sollten immer alle voraussehbaren Steuerzahlungen berücksichtigt werden. Unerwartet hohe Steuervorauszahlungen können auf Antrag herabgesetzt werden, wenn mit einem schlechteren Jahresergebnis zu rechnen ist.
Das gelingt durch den Verkauf von Anlagevermögen oder eine langfristige Kapitalaufnahme, um auf diese Weise die kurzfristigen Verbindlichkeiten zu reduzieren. Zudem macht es Sinn, mit den Lieferanten verlängerte Zahlungsziele auszuhandeln und so eigene Zahlungsausgänge hinauszuzögern. Sachanlagegüter sollten nur entsprechend ihrer Nutzungsdauer finanziert werden und bei Bankkrediten empfiehlt sich die Option einer Sondertilgung. Auch das Leasing von Anlagen und Fahrzeugen schont die Liquidität, ebenso wie Sale-and-lease-back-Verfahren für Gebäude oder Maschinen.
Ein weiterer Hebel, um die in Forderungen gebundene Liquidität freizusetzen, ist das Factoring. Dabei verkauft ein Unternehmen seine offenen Forderungen an einen Factoring-Dienstleister. 90% der Rechnungssumme werden dann sofort an das Unternehmen ausbezahlt, die verbleibenden 10% als Sicherheitseinbehalt genutzt, aber nach Zahlungseingang durch den Debitor ebenfalls ausbezahlt. Dabei sind die Forderungen zu 100% gegen Forderungsausfall geschützt, d.h. das Unternehmen ist komplett unabhängig vom Zahlungsverhalten seiner Debitoren und verfügt sofort über die in den Forderungen gebundene Liquidität. Diese kann nun wiederum in den Abbau von Verbindlichkeiten, in Skontozahlungsziele oder notwendige Investitionen gesteckt werden. Sämtliche administrativen Tätigkeiten rund um den Forderungseinzug werden vom Factoring-Dienstleister übernommen. Daher macht Factoring nicht nur liquider, sondern ist auch aufgrund der vielen begleitenden Vorteile für Unternehmen sehr interessant.
Liquide zu sein, ist für jedes Unternehmen von hoher Bedeutung, da nur so das Vertrauen in ein Unternehmen gewährleistet werden kann. Leider wird dem Erhalt und der Verbesserung der Zahlungsfähigkeit manchmal zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Sogar stark wachsende Unternehmen können mit einer ungünstigen Liquiditätsplanung zahlungsunfähig werden – vor allem dann, wenn das Unternehmen z.B. selbst gezwungen ist, seine Rechnungen zeitlich vor dem Zahlungseingang seiner Kunden zu begleichen. Maßnahmen zur Liquiditätssicherung sind hier unabdingbar für eine solide und nachhaltige Zahlungsfähigkeit.